In der Stadtregion Köln leben rund zwei Millionen Menschen: etwa eine Million in Köln und eine Million im Umland. Der tägliche Pendlelverkehr – oft mit dem eigenen Auto – verursacht erhebliche Verkehrs- und Umweltprobleme. Doch wie kann der Autoverkehr reduziert werden, wenn das Auto auf dem Weg zur Arbeit oft die bequemste Option ist?
Einen Baustein für die Antwort können Mobilstationen liefern, die komfortable, integrierte Wegeketten im Umweltverbund fördern. Ziel des Projekts MOST RegioKöln ist es, die Rolle von Mobilstationen als Schnittstellen im Umweltverbund am Fall der Stadtregion Köln zu untersuchen.
Mobilstationen dienen als intermodale Schnittstellen, also als Umsteigepunkte zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln. Sie können dabei helfen, Verkehr vom Auto auf den Umweltverbund aus Bus und Bahn, Fahrrad und Sharing-Systemen zu verlagern.
Dies kann gelingen, indem sie Wegeketten mit den verschiedenen Verkehrsmitteln des Umweltverbunds attraktiver machen: zum Beispiel mit dem eigenen Pedelec zur Mobilstation, wo es sicher abgestellt werden kann, von dort mit der S-Bahn in die Stadt, wo verschiedene Sharing-Angebote direkt an der Station verfügbar sind, und schließlich mit dem Leihfahrrad bis ans Ziel.
Im Projekt wird untersucht, wie Mobilstationen erfolgreich in einer Region ausgerollt werden können und welche Wirkung ein regionales Netz von Mobilstationen entfalten kann. Hierzu betrachtet das Projektteam die Bedarfe von Nutzer:innen, analysiert smarte Elemente zur Aufwertung von Mobilstationen (z.B. Smartlocker oder Ladestationen für E-Fahrräder), berät Kommunen und weitere Akteure bei der Umsetzung und testet eine zielgruppenspezifische Kommunikation an ausgewählten Standorten.
Unter Leitung des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie arbeiten die Bergische Universität Wuppertal, go.Rheinland und das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung zusammen. Das Projekt wird mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Wirtschaftsministerium NRW gefördert.
Im ersten Arbeitspaket des Projekts werden die Pendlerbeziehungen in Köln und dem Umland untersucht. Dazu werden die aktuellen Pendlerströme, das allgemeine Mobilitätsverhalten (wie bewegen sich die Menschen fort), die vorhandenen Verkehrsinfrastrukturen (mit welchen Verkehrsmitteln sind welche Orte zu erreichen oder auch nicht zu erreichen) sowie neue Mobilitätsangebote dargestellt. Dies ermöglicht eine regionale Klassifizierung der Einzugsbereiche von Mobilstationen und Pendlerstädten und -gemeinden, um Potenziale für weitere und den Ausbau der vorhandenen Mobilstationen zu ermitteln. Ergebnis der Analyse ist eine regionale Pendlertypologie.
Daraus folgt eine Abschätzung des Verlagerungspotenzials: Wie viele der täglichen Wege, die in der Region bisher mit dem eigenen Auto zurückgelegt werden, wären durch Verkehrsmittel des Umweltverbundes grundsätzlich ersetzbar? Die daraus gewonnenen Erkenntnisse über räumliche „Mobilitäts-Hotspots“ dienen dazu, künftige Standorte für neue Mobilstationen zu entwickeln.
In einem nächsten Schritt wird das Verkehrsverhalten und die Akzeptanz der Mobilstationen an den Pilot- und Entwicklungsstandorten durch Befragungen von Nutzern und Nicht-Nutzern von öffentlichen Verkehrsmitteln erhoben. Darüber hinaus werden die Mobilitätsbedürfnisse der Nutzer:innen und deren Bewertung der einzelnen Angebotselemente an den acht untersuchten Mobilstationen ausgewertet. Ziel der Befragungen ist es, die Mobilitätsangebote noch besser an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen.
Die Nutzer:innen wurden an den jeweiligen Pilot- und Entwicklungsstandorten face-to-face befragt. Zudem wurden die Anwohner:innen in einem fußläufigen Einzugsbereich von 600 Metern um die ausgewählten Mobilstationen befragt, um unter anderem Erkenntnisse zu deren Verkehrsverhalten und zu bestehenden Nutzungshemmnissen von Mobilitäts- und Serviceangeboten an Mobilstationen zu erfahren.
Ziel des zweiten Arbeitspakets ist die Entwicklung smarter Elemente für Mobilstationen. Dabei geht es um Ausstattungsmerkmale, die einen zusätzlichen Nutzen bieten und die Mobilstation für Nutzende attraktiver machen können. Zu smarten Elementen an den Mobilstationen zählen etwa individuell per Smartphone buchbare Mobilitätsdienstleistungen wie Sharing-Angebote, individuelle Fahrradboxen oder Ladesäulen für Elektrofahrräder und E-Autos. Zusätzlich könnten auch neue Mobilitätsdienste wie die Bildung von Fahrgemeinschaften (Ridesharing) sowie zeitlich, räumlich und örtlich angepasste Mobilitätsangebote (sog. Bedarfsverkehr oder On-Demand-Verkehr) als neue, smarte Elemente an die Mobilstationen gekoppelt werden. Basierend auf einer Auswertung von Good-Practice-Beispielen aus Deutschland und anderen Ländern sowie den Ergebnissen der Nutzerbedürfnisse wird ein Katalog möglicher zusätzlicher, smarter Ausstattungsmerkmale für Mobilstationen zusammengestellt und ein Leitfaden für relevante Elemente entwickelt.
In einer interaktiven Standortsimulation werden die möglichen Ausstattungselemente in einer VR-Umgebung umgesetzt. Dies ermöglicht die Besichtigung und Bewertung der Elemente im virtuellen dreidimensionalen Raum. Damit lässt sich untersuchen, ob durch Anpassung von standortspezifischen Eigenschaften z.B. die Orientierung am Standort verbessert oder die Entstehung von Angsträumen verhindert werden kann. Als planungsmethodische Innovation gibt das Arbeitspaket Aufschluss darüber, inwieweit sich VR als Planungsmethode und für Partizipationsprozesse eignet.
Zudem wird untersucht, wie die räumliche Ausdehnung auf ÖPNV- Standorte mit kleineren SPNV-Haltepunkten oder nur mit Bushaltestellen das Mobilstationsnetz erweitern und engmaschig verdichten kann.
Im dritten Arbeitspaket wird ein regionales Lernprogramm erarbeitet, welches die örtlichen Akteure (das sind z.B. die Kommunen bzw. deren Verwaltungen, Mobilitätsanbieter, beteiligte Unternehmen) bei der Planung, Umsetzung und dem Betrieb von Mobilstationen unterstützen soll.
Die Befragung von Praktiker:innen aus Verkehrsunternehmen und kommunalen Verwaltungen ergab, dass eine Vielzahl an Leitfäden und Handreichungen für Fachleute existiert. Diese können Detailfragen jedoch nie umfassend abdecken, da sich die lokalen Akteurskonstellationen, Ausstattungen mit Personal- und Finanzressourcen etc. lokal stark unterscheiden. Die befragten Akteure wünschen sich daher einen direkten Austausch mit anderen Kommunen oder Verkehrsunternehmen, die derzeit Mobilstationen ausrollen. Basierend auf dieser Bestandsaufnahme wurde eine Serie von Veranstaltungen konzipiert, die Verantwortungsträger:innen ab September 2022 zu zentralen Herausforderungen beim Aufbau von Mobilstationen ins Gespräch bringt.
Genaueres finden Sie unter: Workshops
Das vierte Arbeitspaket dient der Erstellung einer Kommunikationsstrategie und der Entwicklung eines „Mediaplans“. Die Kommunikationsstrategie soll allgemein verständlich erklären, welche Angebote die Mobilstationen bieten und zu deren Nutzung animieren. Der Mediaplan unterstützt die Kommunikationsstrategie u.a. durch die Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen mit unterschiedlichen Medien.
Die sich aus den der Zielgruppen- und Bedarfsanalysen ergebenen möglichen Maßnahmen (z.B. gezielte Kund:innenansprache, Pendler:innen-Kampagne, Schnuppertickets, Kombi-Angebote mit Bike- & Carsharing) werden dann an ausgewählten Mobilstationen erprobt.
Im fünften Arbeitspaket wird herausgearbeitet, inwieweit die Menschen das Angebot der Mobilstationen annehmen und welche damit verbundenen verkehrsrelevanten Wirkungen bereits vorhandene und neu aufgebaute Mobilstationen entfalten können. Neben der Identifizierung von Hemmnissen und fördernden Faktoren werden Befragungen zum Vorher-Nachher-Vergleich an ausgewählten Pilotstandorten vorgenommen und das CO2-Minderungspotenzial abgeschätzt, das durch den Umstieg der Nutzer:innen auf alternative Verkehrsmittel erzeugt werden kann.
Dies soll der Identifikation von Schlüsselfaktoren für den Erfolg bei der Planung, Umsetzung und Betrieb von Mobilstationen dienen. Abschließend sollen Empfehlungen zur Übertragbarkeit des Konzepts auf andere Pendler-Regionen zur Unterstützung des Ausbaus von Mobilstationen in NRW und auch für ganz Deutschland gegeben werden.